Die Sprache der Überzeugung als Kritik an der westlichen Kultur in Carlo Michelstaedters Werk

Stefania Rutigliano

2024-01-01

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Abstract

Das Interesse an der Sprache durchzieht das Denken des Görzer Autors Carlo Michelstaedter (1887–1910), wie nicht nur sein Hauptwerk Überzeugung und Rhetorik im Sinne zweier unterschiedlicher Sprachen, sondern auch der Gegensatz von Judentum und Christentum, seine Reflexionen zum Gebrauch der politischen Sprache oder sein weniger bekannter Discorso al Popolo zeigen. Der Rekurs auf eine bildliche Sprache und seine Begabung als Zeichner und Maler veranschaulichen die offene und dynamische Art, mit der Michelstaedter Sprachen wie Italienisch, Altgriechisch, Deutsch und sogar das Furlanische, Codes wie Mathematik mit ihren Gleichungen, geometrischen Figuren und arithmetischen Formeln und erzählerische Formen wie kurze, von der midraschischen Tradition inspirierte Geschichten erlebt und miteinander verwebt. Indem ich die Mehrsprachigkeit in seinem Werk hervorhebe, ziele ich auf eine Lesart von Carlo Michelstaedters Überzeugung und Rhetorik ab, in deren Mittelpunkt solche kulturellen und sozialen Aspekte stehen, die den Gebrauch der Sprache begründen und beeinflussen und ihre Tendenz zur Unzulänglichkeit zeigen. Den Fokus auf diese kulturellen Aspekte der Sprache zu lenken, erscheint umso interessanter, als dies die Möglichkeit bietet, die Veränderungen in der Beziehung zwischen Überzeugung und Rhetorik zu interpretieren. Einen weiteren fundamentalen Wendepunkt in der westlichen Geistesgeschichte stellt Michelstaedters Verbindung zwischen Sprache und individueller Identität, also dem Wissen, das der Überzeugte über sich und die Welt hat, dar.