Winckelmanns Reflexion gerät bekanntlich in eine Aporie zwischen der Idealisierung der Antike und dem Bewusstsein um ihre Historizität, die sich auch bei späteren Entwürfen des klassischen Altertums unschwer wieder konstatieren lässt. Wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und den archäologischen Funden des Altertums einerseits und dessen Idealisierung andererseits schließen sich bei Winckelmann nicht aus, vielmehr leistet seine idealisierende Sicht auf die Antike ihrer Historisierung Vorschub. Überhaupt erscheint die Re- zeption der Antike in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als ein facettenreiches Phänomen, das zudem durch Spannungen zwischen Idealisierung und Entidealisierung charakterisiert ist. Die vorliegenden Ausführungen untersuchen im Blick auf Friedrich Schlegels idealisierendes Bild der griechischen Polis und August Böckhs nüchterne Erforschung der ökonomischen Grundlagen der attischen Demokratie das oben skiz- zierte Spannungsverhältnis. Schlegel und Böckh markieren zwei entgegengesetzte Positionen im Rahmen einer Entwicklung, die von der verfassungsorientierten, ästhetischen Deutung Athens bis zur sachlichen Einschätzung seines Finanzwesens führt.
Von der Demokratie zur Ökonomie. Das Bild der griechischen Polis bei Friedrich Schlegel und August Böckh
Carmela Lorella Bosco
2020-01-01
Abstract
Winckelmanns Reflexion gerät bekanntlich in eine Aporie zwischen der Idealisierung der Antike und dem Bewusstsein um ihre Historizität, die sich auch bei späteren Entwürfen des klassischen Altertums unschwer wieder konstatieren lässt. Wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und den archäologischen Funden des Altertums einerseits und dessen Idealisierung andererseits schließen sich bei Winckelmann nicht aus, vielmehr leistet seine idealisierende Sicht auf die Antike ihrer Historisierung Vorschub. Überhaupt erscheint die Re- zeption der Antike in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als ein facettenreiches Phänomen, das zudem durch Spannungen zwischen Idealisierung und Entidealisierung charakterisiert ist. Die vorliegenden Ausführungen untersuchen im Blick auf Friedrich Schlegels idealisierendes Bild der griechischen Polis und August Böckhs nüchterne Erforschung der ökonomischen Grundlagen der attischen Demokratie das oben skiz- zierte Spannungsverhältnis. Schlegel und Böckh markieren zwei entgegengesetzte Positionen im Rahmen einer Entwicklung, die von der verfassungsorientierten, ästhetischen Deutung Athens bis zur sachlichen Einschätzung seines Finanzwesens führt.I documenti in IRIS sono protetti da copyright e tutti i diritti sono riservati, salvo diversa indicazione.